Das erste gefallene Laub wirbelt vom Wind getrieben durch den Schlosshof
von und zu Rhäzüns. Der Herbst hat sich angemeldet und während die Gemahlin des
Gutsbesitzers sanft an den welken Rosenblättern zupft, schreitet ein
grossgewachsener Wanderer mit reichlich beladenem Rucksack des Weges direkt auf
die schwere Pforte zu. Grüss dich, Oskar, lächelt Silvia aus gebückter Haltung
dem finster dreinblickenden Freysinger zu, der Christoph erwartet dich oben in
der Herrenstube. Oskar nickt zurück, ei, ei, die Silvia, denkt er sich, auf
Rosen gebettet, wenn das kein gutes Omen ist... Er schmunzelt, eilt ins Schloss
und die herrschaftliche Treppe hinauf zum Herrenzimmer. Kurz angeklopft, da
ertönt schon des Schlossherrn Stimme: Komm, wir haben auf dich gewartet. Oskar
drückt die Klinke und betritt die herrschaftliche Stube. Düster erscheint sie
ihm, die Vorhänge zugezogen, bloss die Kerzen auf dem silbernen Leuchter spenden
flackernd etwas Licht. Oben am Tisch der Christoph, zu seiner Rechten sitzt mit
gespitztem Stift und blütenweissem Papier vor sich der Hofschreiber Köppel, seinen
Praktikanten Somm neben sich. Links von denen findet sich der Brunner Toni,
man sagt gar, er sei der Präsident dieser Schweizer Volkspartei. Papperlapapp,
ruft Christoph, Präsident bin und bleibe ich, auf Lebzeiten! Aber das müssen
die da draussen ja nicht unbedingt wissen. Setz dich Freysinger, wir haben zu
reden und zu handeln! Oskar lässt scheppernd den mitgebrachten Rucksack zu
Boden und nimmt Platz. Schon bellt Christoph: Wir haben keine Zeit zu
verlieren, fangen wir also an – Freysinger, du hast das Wort. Oskar streicht seine
im Nacken zusammengebunden Haare zurecht und beginnt räuspernd: Diese
Räubergeschichte – die ich übrigens selbst nicht besser hätte schreiben können
– ist wohl etwas aus dem Ruder gelaufen. Der Tod des Moldawiers auf der
Ibergeregg nicht geplant, die Protagonisten allgemein überfordert, wie unser
Schwyzer Parteikollega Sepp Spiess, der auf Facebook darüber schwadroniert und
sich exponiert. Und so schliesse ich, spricht Freysinger weiter, meinen Essay
mit folgender Quintessenz: Für unsre Parteikollegen muss ein Social Media
Verbot verfügt werden! Um sie zu schützen, denn es kann schnell passieren, dass
man irgendeinen Stuss zusammenschreibt! Vor allem, wenn man steinhässig oder betrunken ist, was ja die beiden Aggregatszustände unserer Parteikollegen sind,
bevor sie zu heisser Luft werden! Sehr gefährlich! Christoph beugt sich zufrieden
vor: So ists recht, und überhaupt, wo kommen wir denn hin, wenn die Medien
jetzt schon sozial sind! Habt ihr alles aufgeschrieben, raunt er dem Köppel und
dem Somm zu. Und während diese eifrig nicken, gleichzeitig noch ihren
Facebook-Status auf dem neuen iPhone 5 aktualisieren, packt Freysinger die
mitgebrachten Walliser Weine aus seinem ledernen Rucksack. Kameraden, erhebt
Oskar feierlich die Stimme, jetzt haben wir uns aber einen gehörigen Schluck
verdient! Prost!
Dienstag, 25. September 2012
Schlossgespräche – Gefangen im Netz
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen