Silvia steht an ihrem grossen Wohnzimmerfenster neben der Stehlampe und
macht das Licht an. Und wieder aus. An und wieder aus. Wir senden uns ja immer
mal wieder ein paar Kurznachrichten zu. Über den See hinweg. Traditionell
morsen statt modern twittern. Keiner achtet auf das Blenden von Gold- zu
Silberküste, da alle in ihren Smartphones versunken sind, hat Silva gemeint,
selbst absolut geheime Botschaften können wir uns auf diesem Weg übermitteln. Christoph
sitzt drüben im Esszimmer, blinkt Silvia, zusammen mit Wladimir – sie trinken Wodka
und prosten sich gegenseitig zu. Putin bei euch zu Tisch, drück ich etwas
ungläubig auf meiner Taschenlampe herum. Ja, ja, wir sind eben ein globales
Haus, auch wenn Christoph gerne den Eidgenossen raushängt, unsere Beziehungen
gehen weit über die Landesgrenze hinaus, wie sonst könnten wir unsrem Magdeli
so gut unter die Arme greifen und überhaupt die Ems Chemie international
aufrecht halten, funkt Silvia eifrig. Ich denke nach, aber muss es mit Wodka
sein, könnte das nicht auch ein Wein aus der Staatskellerei Zürich sein, antworte
ich vorsichtig. Nichts da, er soll sich bei uns zu Hause fühlen wie alle Russen
und wir wollen schliesslich an Informationen kommen, wie man es schafft, eine Olympiade
auf heimischen Boden zu holen: Die Winterolympiade 2022 gehört nämlich nach Graubünden,
fährt Silvia fort, uns fehlen dazu nur noch ein paar Milliarden. Und was hat
Putin damit zu tun, frage ich. Unser Freund Wladimir hat viel Erfahrung mit
Olympischen Ausschreibungen, sein leidenschaftliches Plädoyer damals für
Sotschi vor dem Internationalen Olympischen Komitee ist einmalig, 12 Milliarden
Dollar hatte er für die Bewerbung investiert, dem IOC ein paar weitere davon gesteckt,
um den Zuschlag für Sotschi zu erhalten. Die Winter-Olympiade 2014 also in
Putins Land, bringt Glanz und Gloria und ihm auf Lebzeiten dankbare Untertanen
– soviel haben wir nach der zweiten Flasche Wodka erfahren. Darauf ists kurz dunkel
überm See. Und, leuchte ich aufgeregt, wie gehts weiter? Inzwischen ist die dritte
Flasche Wodka offen, Christoph schwärmt über Russlands Schriftsteller, wie er
das Land abgöttisch liebe und gar eine russische Staatsbürgerschaft in Betracht
ziehe. Von seinen Enkelkindern spricht er, wie sie möglicherweise im Jahr 2022 für
die Olympiade blochen, nun steht aber die Defizitgarantie des Bundes auf dem
Spiel, das Schweizer Volk – normalerweise stimmt es seinen Vorschlägen immer zu
– in diesem Fall bezweifle er das und ihm selbst fehlen zwar nicht die Millionen
doch leider die Milliarden, um das Ganze zu übernehmen. Na sdarowje, habe sie
jetzt Putin glucksen hören, mein Geld ist dein Geld, lieber Freund Christoph!
Olympia 2022 soll in Graubünden stattfinden! Den Vertrag dazu unterschreiben
wir morgen in deinem Schloss in Rhäzüns! Denn dein Schloss ist jetzt mein
Schloss! Und dann wirds finster.
Donnerstag, 28. Februar 2013
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