Ein heftiger Lichtstrahl trifft mich abends mitten ins Gesicht. Ich steh
auf und schau zur Goldküste herüber, nehme die extrastarke Taschenlampe vom Fenstersims
und leuchte in kurzen Abständen zur anderen Seeseite: Silvia, ich hab schon gedacht,
ihr hättet Herrliberg verlassen!
Seit Jahren schon tauschen wir uns regelmässig aus. Kommen die
Lichtzeichen spärlich, mach ich mir Sorgen ob wohl alles mit rechten Dingen zu
und her geht. Drüben am Hügel des Pfannenstiels. Alles bestens, morst Silvia, sie
habe sich nach dem schillernden cineastischen Startschuss in Locarno ein paar
ruhige Tage gegönnt. Die Premiere von „L’Expérience Blocher“ am Filmfestival von
Locarno sei derart geglückt, dass sogar die ewig nörgelnde Susanne Leutenegger Oberholzer
erst sprachlos war und später wortreich den Regisseur bedrängt hätte, einen
ebensolchen eindrücklichen Film über ihr Leben zu drehen. Ha, das ist natürlich
Humbug, wo Leutenegger Oberholzer draufsteht ist noch lange nicht Christoph Blocher
drin! Und wer bitte sehr – ausser Susanne selbst – würde diesen wohl doch eher
sparsam besetzten Kurzfilm sehen wollen? Eben. Zudem sollten Frauen in einem
gewissen Alter von Nahaufnahmen Abstand nehmen, zündet Silvia weiter, will man
tiefe Furchen sehen, schaut man sich lieber eine Doku über die Viamala an. Wechseln
wir auf etwas Wichtiges, fährt Silvia fort, ich bin diesen Sommer oft zitiert
worden, mein kluges Statement zu den jungen Müttern von heut hat für ein
Rauschen im Blätterwald gesorgt. Es liegt mir tatsächlich am Herzen, dass sich
die jungen Mütter auf die wahren Werte des Lebens besinnen, nämlich um das Wohl
des Ehemannes und der Kinder. Die meisten Frauen gehen bloss arbeiten, weils grad
‚en vogue’ ist und die Freundinnen es chic finden. Moment, leuchte ich dazwischen,
das zweite Einkommen ist existenziell für die meisten Familien! Ich hätte ja
auch gern eins! Kurz ist kein Licht von Herrliberg her auszumachen, dann
erscheint es erneut: Ich kenne niemand, der zur Arbeit gezwungen wird, in meinem
Umfeld sind bestausgebildete Frauen am Herd geblieben, höchstens von einer
Köchin, einer Nanny und einer Zugehfrau unterstützt, ansonsten war die Frau auf
sich alleine gestellt. Ich hab das selber hingebungsvoll gemacht: Ich mit den
Kindern daheim und mein Christoph in der Wirtschaft. Und alle sind wir
erfolgreich geworden, verkündet Silvia kräftig. Arbeitet Magdalena nicht zu
hundert Prozent bei der Ems-Chemie, frage ich blinkend. Ja, ja, blitzt es
subito zurück, nur ist das etwas ganz anderes, unser Magdeli ist stark,
gescheit und selbstbewusst, sie steht ihren ganzen Mann. Dazu hab ich sie
erzogen. Selbstständigkeit ist das A und O, auch in einer guten Beziehung,
berichtet Silvia weiter, nun jedoch muss ich aufhören, Christoph will morgen
früh raus und ich soll ihm noch die Kleider zurecht legen.
Das Licht bricht ab und es ist wieder ganz dunkel über dem Zürichsee.
Schwarz wie Oprah Winfrey. Aber für die Handtaschen-Geschichte ists jetzt zu
spät.
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