Die Wahlfreiheit des
Parlaments haben wir zum Glück eingeschränkt, beginnt Blocher, möchte ja nicht
wissen, wen sie dort oben in Bern als Bundesrat auf die Zettel schreiben
würden, am Ende vermutlich gar mich! Die besten Kandidaten wären selbstverständlich
meine Magdi oder der Köppel gewesen, referiert Christoph weiter, doch übt euch
in Geduld, in vier Jahren ist es so weit. Dieser neue Bundesrat aber ist zweite
Wahl und ein Strohmann, er wird von mir täglich instruiert, sonst wäre er natürlich
nur ein halber Bundesrat, klärt Blocher lachend auf. Kaum hat Toni das
Strichmännchen fertig gezeichnet, muss er es bereits wieder halbieren.
Aufpassen müssen wir einzig auf die Sprengkandidaten aus unseren Reihen, warnt
Blocher. In diesem Moment tritt Mörgeli mit einem langen Messer ins
Herrenzimmer. Germann, Hurter und Brand sind nach wie
vor angekettet unten im Verlies, berichtet Mörgeli, einzig fehlt die Widmer
Gysel, sie hat sich befreien können und ist auf der Flucht! Blocher wird bleich
und lässt sich auf seinen Stuhl sinken. Nicht schon wieder eine Widmer, die ihm
Ärger macht!
Dienstag, 8. Dezember 2015
Schlossgespräche: Die Nacht der langen Messer
Tief unten drängt sich der
Rhein am Felsen vorbei, die feuchte Kälte klettert langsam hoch und dringt in
die alten Gemäuer des Schlosses Rhäzüns ein. Im Innenhof bückt sich Christoph
Mörgeli, in einen dicken Wintermantel gehüllt, etwas ungelenk über die
Rosenstöcke und klaubt vereinzelte braune, leicht verfaulte Blätter von den
Dornen. Seit er nicht mehr seine Zeit im Nationalrat verplempern muss, ist er
viel häufiger im Schloss anzutreffen, sehr zur Freude von Silvia, die nie genug
Christophs um sich versammelt haben kann, wie sie manchmal scherzt. Mörgeli,
ruft Christoph Blocher aus dem Fenster des Herrenzimmers, schau schnell ins
Verlies, obs etwas Wasser und Brot braucht und komm danach hoch zu uns, unsre Strategiesitzung
fängt jetzt an! Im Zimmer versammelt sind Adrian Amstutz, der Fraktionschef,
der diese Tage über sich hinauswächst, wie Blocher freudig festgestellt hat,
sämtliche Antworten, die Christoph dem Amstutz aufgeschrieben und dieser der
Presse zum Thema Dreier-Ticket Bundesratskandidaten wiedergegeben hat, waren
ohne Abweichungen 1:1 zum Originaltext. Das beweist, dass Amstutz nun schon
viel besser lesen kann, als noch zu Beginn seiner Zeit als Präsident der
Fraktion. Toni Brunner, als Protokollführer der Schlosssitzungen mit Block und
Bleistift bewaffnet, läuft zu seiner persönlichen Bestform auf, seit er mit
seinen Zeichnungen die wichtigsten Beschlüsse festhalten kann. Die
Parteileitung hat seither viel mehr Respekt vor ihm. Konzentriert malt er eine Sonne
mit drei aufrechten und zwei leicht geknickten Strahlen. Ein schwörendes SVP-Bundesratssünneli.
Roger Köppel zu seiner rechten schüttelt den Kopf. Infantilismus ist die
Vorstufe der kompletten Idiotie, raunt er leise seiner Nachbarin Magdalena ins
Ohr. Hä, Mister Köppel, wot häv yu, krächzt sie, können wir nicht endlich
loslegen, wir brauchen hier gar keinen Beamer!
Dienstag, 1. Dezember 2015
Wo ist sie denn, die gute Fee?
Was
für eine Anzeige! Eine Fee gesucht! Mit Herzblut und Freude, so stehts
geschrieben, wie gemacht für mich! Denn wir Feen bestehen aus nichts anderem
als aus Herzblut. Und Freude. Die gewünschte Fee also soll in ein exklusives
Haus bei Luzern entschweben. „Bei“ Luzern ist natürlich nicht „in“ Luzern.
Aber, unter uns Feen, über solche Details zwinkern wir locker hinweg, wenn der
Rest stimmt, nicht wahr? Ein stilvolles Ambiente zaubern? Sauber sein? Den
Blick fürs gewisse Detail haben? Easy. Gehört zum Feen-ABC. Der Arbeitgeber ist
cool, kultiviert und dynamisch. Zudem hat er auch einen Rücken. Einen breiten
vermutlich. Durchtrainiert. Grrrr. Diesen soll die Fee ihm freihalten. Klar.
Feen lieben den Rücken freihalten. Gleichzeitig ein Händchen haben für ...? Na,
na, liebe Fee, eine Schelmin, wer an was anderes denkt, das Händchen haben wir
bloss für exklusive Garderobe. Sicher doch. Pelzmäntelchen und Lederstiefelchen
gehören schliesslich zur Grundausrüstung aller Feen. Die Lackfeen geben gar
noch einen drauf und ich bin mir sicher, dass der coole, kultivierte
Unternehmer mit ihnen auch darüber dynamisch verhandeln kann. Natürlich sollen administrative
Arbeiten nicht zu kurz kommen, immer dann, wenn der Arbeitgeber rückenfrei die
Fee zum Diktat auf seinen Schoss bittet. Die Fee darf übrigens gerne dort vor
Ort bei Luzern nächtigen, wenn der Herr des Hauses ausser selbigem ist, weil
sich dann nämlich seine Tiere einsam fühlen. Der Rottweiler und die Piranhas im
Aquarium. Für eine Fee kein Problem, denn eine Fee liebt alle Geschöpfe. Selbst
solche scharfe. Und sollte der dynamische und kultivierte Monsieur spontan ins
Heim zurückkehren, hat er in seinem Mahagonischrank sicher die eine oder andere
Lederpeitsche, um den Rottweiler aus der Fee zu treiben. Und allerspätestens
hier bin ich keine Fee mehr und der Job also nichts für mich.
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